Discussion:
Abgelaufener ungeöffneter Verbandskasten zulässig?
(zu alt für eine Antwort)
Artur Kawa
2011-09-08 13:55:27 UTC
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Habe das mal so aufgegriffen:

"
Nach §35h III StVZO muss das Erste-Hilfe-Material (Verbandkasten) dem
Normblatt DIN 13164 (Jan '98) entsprechen.

Die herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung legt das so aus,
dass der Verbandkasten zwar der Norm DIN 13164 entsprechen muss,
allerdings - ungeöffnet - nach Ablauf des Verfallsdatums nicht ausgewechselt
werden muss.
Der Ablauf des Haltbarkeitsdatums ändert nichts an der Konformität mit DIN
13164 und das weitere Verwenden des Verbandkastens stellt keine
Ordnungswidrigkeit i.S.v. § 35h Abs. 3, § 69a StVZO; § 24 StVG; 206.2 BKat
dar.

Man muss den abgelaufenen Verbandkasten also nicht auswechseln.
Allerdings sollte man das wohl besser tun, da der Kasten nach einer gewissen
Zeit nicht mehr wirklich brauchbar sein sollte."

Ist das tatsächlich so?

Artur
Theodor.Hellwald
2011-09-08 14:09:07 UTC
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Post by Artur Kawa
"
Nach §35h III StVZO muss das Erste-Hilfe-Material (Verbandkasten) dem
Normblatt DIN 13164 (Jan '98) entsprechen.
Die herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung legt das so aus,
dass der Verbandkasten zwar der Norm DIN 13164 entsprechen muss,
allerdings - ungeöffnet - nach Ablauf des Verfallsdatums nicht
ausgewechselt werden muss.
Der Ablauf des Haltbarkeitsdatums ändert nichts an der Konformität mit
DIN 13164 und das weitere Verwenden des Verbandkastens stellt keine
Ordnungswidrigkeit i.S.v. § 35h Abs. 3, § 69a StVZO; § 24 StVG; 206.2
BKat dar.
Man muss den abgelaufenen Verbandkasten also nicht auswechseln.
Allerdings sollte man das wohl besser tun, da der Kasten nach einer
gewissen Zeit nicht mehr wirklich brauchbar sein sollte."
Brauchbar schon, vom Hersteller gibts aber nur bis zum Verfallsdatum die
Garantie dafür das er überhaupt braauchbar sein kann. Der kann noch
lange vom Datum weg sein, aber dank Lagerung auf der Heckablage sind
alle Pflaster etc.pp. nicht mehr funktionabel. Aber das Verbandsmaterial
an sich ist immer noch okay. Ich tausche immer aus und der alte geht in
Verwendung über. Irgendwas ist ja immer^^ :-) MfG theo
Erich Kirchmayer
2011-09-08 19:33:02 UTC
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Hi,
Post by Artur Kawa
Die herrschende Meinung in Literatur und Rechtsprechung legt das so
aus, dass der Verbandkasten zwar der Norm DIN 13164 entsprechen muss,
allerdings - ungeöffnet - nach Ablauf des Verfallsdatums nicht
ausgewechselt werden muss.
Das ist Blödsinn, denn die DIN gibt u.A. vor, dass eine gewisse Anzahl
_steriler_ Materialien (z.B. Kompressen, Verbandpäckchen) vorhanden sein
muss. Die Hersteller garantieren die Sterilität aber nur eine gewisse
Zeit, danach ist der Status des Materials "unbekannt". Kann noch steril
sein, muss aber nicht. Da die Sterilität des Materials nicht ohne
grossem Aufwand (Labor etc.) festgestellt werden kann (und mit der
Untersuchung dann eh unbrauchbar wird), muss man in der Praxis davon
ausgehen, dass mit Ablauf des Haltbarkeitsdatums das Material
"unsteril" ist und somit nicht mehr der DIN für Verbandkästen
entspricht.

Natürlich springen nicht alle Viren und Bakterien pünktlich 5 Minuten
nach Ablauf des Haltbarkeitsdatums auf Kompresse/Verbandpäckchen, aber
dennoch gilt die vom Hersteller angegebene Haltbarkeit dann als
überschritten - "unsteril" also (s.o.)

Praktisch gesehen ist der Inhalt eines Verbandkasten meistens auch nach
10 oder 20 Jahren noch geeignet, um Wunden sauber abzudecken, zu
versorgen etc. Gut, das "Heftpflaster" klebt dann kaum noch (oder so
gut, dass man es nicht mehr von der Rolle bekommt), aber dafür gibt es
auch Unmengen von planmässig unsterilen Mullbinden, um damit eine
saubere Kompresse zu fixieren.

Wer lange Zeit Ruhe haben will, der kauft Verbandmaterial/Verbandkasten
von der Firma Söhngen. Die sind zwar i.d.R. immer am oberen Ende der
Preisskala, bieten aber 20 Jahre(!) Haltbarkeit für ihre sterilen
Verbandmittel. Ein Standard-Verbandkasten "hält" dagegen nur rund 5-10
Jahre, wenn er irgendwo länger im Lager des Verkäufers liegt, auch
kürzer was die effektive Nutzungsdauer angeht.

btw. strikt illegal aber "nette Idee" ist, sich selbst Aufkleber zu
drucken "Steril bis (viele Jahre) nur wenn ungeöffnet" und diesen
Aufkleber quer über den Kasten, so dass beim Öffnen der Aufkleber
zerstört wird. Kein Polizist oder TÜV-Prüfer wird dann den Kasten öffnen
wollen, denn es steht ja drauf "steril nur wenn ungeöffnet"....
Allerdings - wenn jemand den Braten riecht, dann wird das mehr als teuer
und geht von einer schlichten Ordnungswidrigkeit (abgelaufener
Verbandkasten) direkt und "nicht über LOS" ins Strafrecht.

Und sind wir mal ehrlich - ein "Nachfüllset" für den Kfz-Verbandkasten
nach DIN kostet meistens unter 20EUR und die sollte man alle 5-10 Jahre
doch ausgeben können. Im worst-case ist man nämlich selbst der Patient,
der mit vergammeltem Material aus seinem eigenen Uralt-Verbandkasten
versorgt wird - wer will das schon?

btw. viele Hilfsorganisationen (DRK, MHD usw.) freuen sich über
abgelaufenes Material. Das können sie für Schulungen/Übungen fast immer
gut gebrauchen. Man kann aber auch selbst damit Üben und z.B. seinen
Kindern zeigen, wie man einen Verband macht etc.
--
Lebe heute und freue dich auf morgen.
Rupert Haselbeck
2011-09-08 20:20:02 UTC
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Post by Erich Kirchmayer
btw. strikt illegal aber "nette Idee" ist, sich selbst Aufkleber zu
drucken "Steril bis (viele Jahre) nur wenn ungeöffnet" und diesen
Aufkleber quer über den Kasten, so dass beim Öffnen der Aufkleber
zerstört wird.
Warum sollte das illegal sein? Welches Gesetz verbietet das?
Post by Erich Kirchmayer
Kein Polizist oder TÜV-Prüfer wird dann den Kasten öffnen
wollen, denn es steht ja drauf "steril nur wenn ungeöffnet"....
Ach ja? Warum sollte das einen Polizisten oder TÜV-Prüfer daran hindern, den
illegal versiegelten Verbandkasten zu öffnen?
Post by Erich Kirchmayer
Allerdings - wenn jemand den Braten riecht, dann wird das mehr als teuer
und geht von einer schlichten Ordnungswidrigkeit (abgelaufener
Verbandkasten) direkt und "nicht über LOS" ins Strafrecht.
Nach welcher Vorschrift ist das Mitführen eines abgelaufenen Verbandskastens
ordnungswidrig? Wie stellt man das fest, wo doch die meisten Verbandskästen
nicht über eine entsprechende Angabe verfügen?
Post by Erich Kirchmayer
Und sind wir mal ehrlich - ein "Nachfüllset" für den Kfz-Verbandkasten
nach DIN kostet meistens unter 20EUR und die sollte man alle 5-10 Jahre
doch ausgeben können. Im worst-case ist man nämlich selbst der Patient,
der mit vergammeltem Material aus seinem eigenen Uralt-Verbandkasten
versorgt wird - wer will das schon?
Nur weil ein Verbandkasten 20 Jahre alt ist, heisst das nicht, daß das
Material vergammelt sein muß, abgesehen von Heftpflaster, welches
gelegentlich bereits nach einem oder zwei Jahren seine Klebefähigkeit
weitgehend eingebüßt hat. Bedeutend wichtiger, und ein Verstoß
bußgeldbewehrt, ist die Vollständigkeit des Inhalts des Verbandkastens.

MfG
Rupert
Tom Schneider
2011-09-11 10:32:46 UTC
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Post by Erich Kirchmayer
Hi,
Das ist Blödsinn, denn die DIN gibt u.A. vor, dass eine gewisse Anzahl
_steriler_ Materialien (z.B. Kompressen, Verbandpäckchen) vorhanden sein
muss. Die Hersteller garantieren die Sterilität aber nur eine gewisse
Zeit, danach ist der Status des Materials "unbekannt". Kann noch steril
sein, muss aber nicht.
Wie ist denn sichergestellt, dass der Kunde auch einen neuen Verbandskasten
mit 100% sterilen Inhalten bekommt?

In der Regel werden durch statistische Maßnahmen im Qualitätsmanagement des
Herstellers bestimmte Fehleranteile zugelassen. Badewannenkurven beschreiben
solche Frühausfälle.

Die Frage ist auch, warum die Sterilität nachlassen sollte. Wenn es einen
Mechanismus dafür gibt, kann der auch vorzeitig zuschlagen, z.B. beim
Versand oder beim Händler ...
Post by Erich Kirchmayer
Wer lange Zeit Ruhe haben will, der kauft Verbandmaterial/Verbandkasten
von der Firma Söhngen. Die sind zwar i.d.R. immer am oberen Ende der
Preisskala, bieten aber 20 Jahre(!) Haltbarkeit für ihre sterilen
Verbandmittel. Ein Standard-Verbandkasten "hält" dagegen nur rund 5-10
Jahre, wenn er irgendwo länger im Lager des Verkäufers liegt, auch
kürzer was die effektive Nutzungsdauer angeht.
Mach aus meiner Sicht keinen Sinn, auch wenn ich sonst gern
Qualitätsprodukte kaufe. Beim nächsten Auto ist die Mulde für den
Verbandskasten anders und dann muss ein neuer Kasten her.
Post by Erich Kirchmayer
Und sind wir mal ehrlich - ein "Nachfüllset" für den Kfz-Verbandkasten
nach DIN kostet meistens unter 20EUR und die sollte man alle 5-10 Jahre
doch ausgeben können. Im worst-case ist man nämlich selbst der Patient,
der mit vergammeltem Material aus seinem eigenen Uralt-Verbandkasten
versorgt wird - wer will das schon?
Mal hier 20 Euro mal da ein paar Euro und am Ende des Monats ist mal wieder
alles weg.

Wenn beim Unfall dann irgend welche unsterilen Teile im Auto eine offen
Wunde verursacht haben, soll es das sterile Material wieder richten?
Da vertraue ich eher auf Desinfektionsmittel.
Henning Koch
2011-09-11 11:49:33 UTC
Permalink
Post by Tom Schneider
Wenn beim Unfall dann irgend welche unsterilen Teile im Auto eine offen
Wunde verursacht haben, soll es das sterile Material wieder richten?
Du bekommst das sterile Material eh nicht auf die Wunde:
Steril ist es nur, so lange die Verpackung ungeöffnet ist...
Post by Tom Schneider
Da vertraue ich eher auf Desinfektionsmittel.
Das aber in den Händen des Ersthelfers nichts zu suchen hat!
Erich Kirchmayer
2011-09-11 16:09:11 UTC
Permalink
Hi,
Post by Tom Schneider
Wie ist denn sichergestellt, dass der Kunde auch einen neuen
Verbandskasten mit 100% sterilen Inhalten bekommt?
Dafür steht der Hersteller und Händler "mit seinem Namen" bzw. vielmehr
nach Medizinproduktegesetz. Auch die Lagerung ist vorgeschrieben
(trocken, lichtgeschützt etc.)
Post by Tom Schneider
Kfz-Verbandkasten nach DIN kostet meistens unter 20EUR und die
sollte man alle 5-10 Jahre doch ausgeben können. Im worst-case ist
Mal hier 20 Euro mal da ein paar Euro und am Ende des Monats ist mal
wieder alles weg.
Und wenn du Pech hast, kommst du 4x in eine Verkehrskontrolle, zahlst
jedesmal 5EUR für einen abgelaufenen Verbandkasten - auch eine Art der
Geldver(sch)wendung...
Post by Tom Schneider
Wenn beim Unfall dann irgend welche unsterilen Teile im Auto eine
offen Wunde verursacht haben, soll es das sterile Material wieder
richten? Da vertraue ich eher auf Desinfektionsmittel.
Wunden bei Verletzungen/Unfällen sind immer unsteril - das bedeutet aber
nicht, dass man sie mit "dreckigem" Verband abdecken sollte, denn damit
gelangen noch mehr Keime auf/in die Wunde. Gut, wenn jemand sonst
verbluten würde, sind Keime sein geringstes Problem - da tut´s notfalls
auch das oft in Filmen o.ä. zu sehende "zerissene Hemd" (T-Shirt etc.).
Aber wir haben nunmal Vorschriften und die besagen nicht, dass man im
Kfz T-Shirts o.ä. zur Wundversorgung vorhalten muss sondern eben sterile
Verbandmaterialien.

...und was Desinfektionsmittel betrifft - die, die dafür geeignet sind,
wirst du dann erst Recht nicht im Auto haben, denn die unterliegen auch
Vorschriften bzgl. der Haltbarkeit und sind auch nicht billig. Zudem ist
Wunddesinfektion eine Sache des Arztes(!). Die billigen Haut(!)
desinfektionsmittel wie Sagro*an-Spray etc. sind nicht für die Anwendung
auf/in offenen Wunden geeignet!
--
Lebe heute und freue dich auf morgen.
Rupert Haselbeck
2011-09-11 20:30:05 UTC
Permalink
Post by Erich Kirchmayer
Und wenn du Pech hast, kommst du 4x in eine Verkehrskontrolle, zahlst
jedesmal 5EUR für einen abgelaufenen Verbandkasten - auch eine Art der
Geldver(sch)wendung...
Nach welcher Vorschrift zahlst du denn diese 5 Euro?

MfG
Rupert
Michael Paul
2011-09-12 11:52:49 UTC
Permalink
On 11 Sep., 12:32, Tom Schneider <***@invalid.invalid> wrote:
(...)
Post by Tom Schneider
Mal hier 20 Euro mal da ein paar Euro und am Ende des Monats ist mal wieder
alles weg.
So ein Verbandkasten kommt zwei mal jährlich als Schnelldreher zum
Discounter im nächsten Gewerbegebiet. Für 6,99. Hält drei Jahre (laut
MHD) und gut is.

Michael

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